Fachliche Hilfe im Transformationsprozess

Die medizinische Behandlung ist viele Trans* Personen von großer Bedeutung um vollständig im eigenen Geschlecht anzukommen.

Im Prinzip verläuft die Behandlung in drei Schritten:

1.) Psychotherapie und Diagnose,

2.) Hormonbehandlung,

3.) geschlechtsangleichende Operationen.

Nicht alle, die für sich medizinische Behandlungen brauchen, wollen jeden dieser Schritte gehen. Die Erkenntnis, dass es unterschiedliche Bedürfnisse gibt, und dass auf die individuellen Wünsche einzugehen ist, um den Erfolg der Behandlung nicht zu gefährden, setzt sich auch unter den behandelnden Ärztinnen und Therapeutinnen durch.

Wichtig Dir klar zu werden welche Behandlungen in welcher Reihenfolge Du willst oder brauchst, was sich während des Prozesses auch ändern kann. Mache keine Eingriffe, weil es andere wollen oder von dir erwarten könnten, sondern nur für dich selbst. Für die juristische Anerkennung im eigenen Geschlecht, also Personenstandsänderung und Vornamensänderung, werden seit 2009 keine schwerwiegenden medizinischen Eingriffe mehr verlangt.

Hormontherapie und geschlechtsangleichende Operationen
nach den österreichischen Behandlungsempfehlungen

Die folgende Darstellung beschreibt den medizinischen Behandlungsprozess nach den Empfehlungen für den Behandlungsprozess des Gesundheitsministeriums von 2014. Zum Teil erscheint es wie ein zermürbender Spießrutenlauf. Die österreichischen Empfehlungen verlangen zur Bewilligung von Hormontherapien und operative Geschlechtsangleichungen jeweils psychiatrische Untersuchungen, psychotherapeutische bzw. klinisch-psychologische Stellungnahmen und urologische/gynäkologische Befunde. Doch lass dich nicht verdrießen. Der Weg ins eigene Geschlecht ist zwar zeitaufwändig, aber du wirst auch für dich selbst viel Zeit brauchen. Um deine Gefühle zu ordnen, um dir über alles immer wieder klar zu werden und um die Schritt für Schritt ins eigene Geschlecht einzuleben.

Denk dran, es wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird. So mancher Weg lässt sich individuell anpassen. Auch wenn der erzwungene Kontakt zu Psychiatern, Ärzten und Therapeutinnen unangenehm klingt, sind die meisten, denen du begegnen wirst, für deine Anliegen offen und mit den Problemen der Transsexualität bestens vertraut.

Falls du Fragen hast, noch ein paar Tipps brauchst, oder einfach nur mit wem reden willst melde dich bei der TransX Beratung oder komm zu einem Villa-Abend. Wir haben viele Erfahrungen und beim Plaudern lässt sich mehr vermitteln als über das Internet.

 

  1. Du solltest Dir gut überlegen, ob du diesen Weg auch tatsächlich gehen willst. (Siehe dazu z.B. "Willst du wirklich den Geschlechtswechsel?") Denn ab einem gewissen Zeitpunkt ist eine Umkehr kaum mehr möglich. Die Psychotherapie und der "Alltagstest", können Dich dabei unterstützen und du solltest sie deshalb nicht als unnütze Zeitverschwendung betrachten.
  2. Der Weg beginnt beim Hausarzt. Bitte ihn um eine Überweisung zur Psychotherapie. Diese Überweisung ist nötig, wenn Du einen Teil der Therapiekosten von der Krankenkassa refundiert bekommen willst. Du brauchst nicht mit Deiner Hausärztin über Transsexualität sprechen, wenn Du nicht willst. Auf der Überweisung muss keine Diagnose ausgewiesen werden.
  3. Für hormonelle und operative Behandlungen wird eine psychotherapeutische Diagnose verlangt. Es gibt eine ganze Reihe von TherapeutInnen, die mit Transsexualität vertraut sind. Such dir eine Therapeutin, die du sympathisch findest und mit der du dir eine gute Zusammenarbeit vorstellen kannst. Frag sicherheitshalber zu Beginn der Therapie, ob sie dir ein positives Gutachten schreiben würde. Nach spätestens zehn Therapiestunden sollte eine gute Therapeutin darüber eine Aussage treffen können.
  4. Um auszuschließen, dass dein Geschlechtsunbehagen vielleicht psychische Ursachen hat, die einer medizinischen Behandlung entgegenstehen (Differentialdiagnostik) musst du einen Psychiater aufsuchen, der ein psychiatrische Stellungnahme erstellt. Es empfiehlt sich einen Psychiater zu wählen, der Erfahrung auf dem Gebiet der Transsexualität hat und eine psychiatrische Indikation für die Einleitung einer gegengeschlechtlichen Hormontherapie verfassen kann.
  5. Nach den Behandlungsempfehlungen kannst du eine fallführende Fachkraft wählen, die die Urteile der anderen Fachärzte zusammenfasst und deine weitere Behandlung indiziert. Dies wird zumeist einE PsychotherapeutIn sein, kann jedoch auch ein klinische/r Psychologe/in oder PsychiaterIn sein.
  6. Für die Behandlungen wird eine klinisch-psychologische Diagnose vorausgesetzt. Kläre mit deinem Fallführenden ab, wann und bei wem die klinisch-psychologische Testung durchgeführt werden sollen. Mit der Überweisung durch die Therapeutin übernehmen die Kassen die Kosten. Für die Testbatterien musst du dir ein paar Stunden Zeit nehmen. Dafür hast du dann alles Schwarz auf Weiß, was Tests über deine Persönlichkeit, Intelligenz und psychische Belastbarkeit sagen können. Wenn alles klappt sollte deinE FallführendeR nun deine ICD-10 Diagnose für Transsexuelle zusammenfassen.
  7. Für eine Hormonbehandlung werden ein Risikoscreening, ein urologischer/gynäkologischer Befund und bei Bedarf, d.h. bei Verdacht auf Intersexualität, auch endokrinologische bzw. zytogenetische Untersuchungen verlangt. Dabei wird etwa durch eine Chromosomenanalyse der Chromosomensatz (XX, XY oder anders) überprüft. Wenn Du intersexuell bist hast Du einen weniger aufwändigen Zugang zu medizinischen Behandlungen.
  8. Wenn du dich für eine Hormonbehandlung entschieden hast wird deinE FallführendeR die Stellungnahmen und Untersuchungsergebnisse in einer sogenannten Hormonfreigabe zusammenfassen. Sie bestätigt deinen stabilen Wunsch im eigenen Geschlecht zu leben und medizinische Behandlung in Anspruch zu nehmen belegt. Mit dieser "Hormonindikation" kommen die Krankenkassen für die Kosten der Hormonbehandlung bei einem Arzt deiner Wahl auf.
  9. Spätestens jetzt solltest Du auch den sogenannten "Alltagstest" beginnen, d.h. vollständig in deinem eigenen Geschlecht zu leben und zu arbeiten. Dabei geht es nicht darum, dass Du getestet wirst sondern eher darum, für Dich selbst herauszufinden ob Du wirklich so leben kannst und willst. Es kann günstig sein, die Psychotherapie in dieser oft kritischen Phase weiterzuführen.
  10. Wenn Du Dich in dieser Phase wegen der Diskrepanz zwischen deinem Erscheinungsbild und dem in den Dokumenten eingetragenen Geschlecht, beispielsweise bei Behördenwegen, unsicher fühlst kann Dir Deine Therapeutin eine Bestätigung der Transsexualität ausstellen.
  11. Um im alltäglichen Leben bestehen zu können ist es nötig, deinen alten geschlechtsspezifischen Vornamen abzulegen. Es ist kurios, dass du für die Wahl eines Deinem Wunschgeschlecht entsprechenden Vornamens zuerst den Personenstand ändern musst. Etwas Alltagserfahrung und die zur Hormonfreigabe notwendigen Gutachten sollten in der Regel für eine Personenstandsänderung ausreichen. Ohne Personenstandsänderung kannst Du als ersten Vornamen nur einen geschlechtsneutralen Namen annehmen. Ein zweiter Vorname kann frei gewählt werden. (Siehe dazu unsere Seiten zur Vornamensänderung und Personenstandsänderung.)
  12. Nach einem Jahr Hormonbehandlung und "Alltagstest" kannst Du die brust- und genitalangleichenden Operationen ins Auge fassen. Dazu wird eine psychologische oder psychotherapeutische Stellungnahme sowie eine weitere psychiatrische Untersuchung verlangt. Dein fallführender Psy* hat die Ergebnisse im Konsens mit den anderen zusammenzufassen.
  13. Mit den gesammelten Befunden und Gutachten führt nun der Weg zur Krankenkasse zur Bewilligung einer geschlechtsangleichenden Operation.
  14. Solltest Du Dir bisher noch keine Gedanken bezüglich eines Operateurs gemacht haben, so wird es höchste Zeit dafür, denn nun fehlt nur noch der Operationstermin.
    Viel Glück! Hoffentlich geht alles gut bei der Operation!

Allgemeines zu den Ärzten

In der Transformationsphase sind Trans* Personen zunächst gezwungen ein neues Geschlecht zu postulieren, das noch nicht gelebt wird, bevor sie schließlich ein Geschlecht leben, das noch nicht offiziell registriert ist.

Während Fachärzte für Transsexualität in der Regel mit dieser Problematik vertraut sind, erscheinen andere Ärzte genauso unsensibel wie die meisten Menschen. So wird man in Ordinationen fast zwangsläufig im falschen Geschlecht angesprochen und aufgerufen. Schließlich sind auch die Krankenkassen nicht bereit den Geschlechtseintrag der E-Card vor der Personenstandsänderung zu korrigieren. Es ist bekannt, dass Transsexuelle daher auch notwendige Arztbesuche so lange wie möglich aufschieben (1). Aber lasse dich davon nicht abschrecken: Deine Gesundheit ist wichtiger!

Aber keine Angst: Was am Anfang furchtbar peinlich wirkt, wird bald amüsant. Spätestens dann, wenn man sein Geschlecht halbwegs konsistent präsentiert, ist den anderen die falsche Ansprache peinlicher als dir selbst.

Du kannst die Problematik entschärfen, wenn Du - sobald es für Dich passt - auf die richtige Anrede hinweist und deine Lage knapp erklärst. Wahrscheinlich bist Du nicht die erste Trans* Person, die diese Ordination besucht. Und wenn doch bist Du für sie wirklich eine Bereicherung.

Links

QUEERMED

Ein kommentiertes Verzeichnis von empfehlenswerten queer- und transfreundliche Ärzt*innen verschiedener Fachrichtungen.

Fußnoten

(1)
Stephen Whittle, Lewis Turner u.a. (2008); "Transgender EuroStudy: Legal Survey and Focus on the Transgender Experience of Health Case"; ILGA Europe & Transgender Europe, Seite 60.
Web-Source: www.ilga-europe.org/resources/thematic/trans.

 

 

 

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